„Stell dir vor es ist ein Rennen und keiner fährt los.“ So ähnlich ging es mir gestern bei dem Ortler Bike Marathon in Glurns.

Nach einer nach einer neutralisierten Phase durch den historischen Ortskern wurde das Rennen freigegeben und meine Beine schalteten sofort auf Rennmodus um. Da waren sie aber anscheinend die einzigen. Der Rest des Feldes ließ es etwas ruhiger angehen: verständlich bei 90 km und 3000 Höhenmetern, die vor uns lagen. Mich einfach so zurückfallen lassen wollte ich aber auch nicht. So entstand schnell eine Lücke von 100m zwischen mir und dem Hauptfeld, dass von Größen wie Mensi und Paez angeführt wurde. Der Zuschauer und der Kommentator im Livestream konnten die Aktion auch nicht so richtig einordnen und reagierten etwas überrascht, dass das Feld eind einsame Lady vor sich hertrieb.
Ich hatte mich von meiner aktuellen Lektüre von Jens Voigts Biographie und seinen epischen Ausreißversuchen wohl zu sehr inspirieren lassen. ☺ Nach drei Kilometern war der Spaß allerdings auch schon vorbei und das Feld inkl. zweier Damen vereitelte meine Flucht. Mein Puls war dankbar, dass er jetzt wieder ein paar Schläge nach unten gehen durfte und ich fand so langsam meinen Rhythmus.
Immerhin wusste ich so genau an welcher Position ich lag. Der erste Anstieg war einer der Kategorie „It’s a long way to the top“, 20 km Beinpresse. Dem Angriff der litauischen Staats-meisterin und einer Schweizer Nachwuchs-hoffnung konnte ich nicht standhalten, ich war ja schon froh mein eigenes Tempo durchziehen zu können, jede Beschleunigung wurde von meinen Oberschenkeln schlicht verweigert. Aber in der Ruhe liegt bekanntlich die Kraft und so konnte ich kurz vor dem Gipfel wieder auf Platz drei vorfahren, in der anschließenden Schotter-abfahrt musste ich ihn aber auch schon wieder hergeben.
Bei 50 km/h schielte ich sehnsüchtig auf die links und rechts abzweigenden Trails, aber die Pfeile zeigten leider immer geradeaus. Für den Rest des Rennens hab ich keine Dame mehr gesehen und einfach nur versucht nicht langsamer zu werden.
Die nächsten beiden 300hm Anstiege waren fast schon kleine Hupfer und dann folgten 20 flache Kilometer im Wind, bevor ein paar Rampen, Trails und ein letzter langer Anstieg warteten. Bauch und Beine waren schon im Recovery-Modus, einzig der Kopf kämpfte noch damit, die beiden zu Essensaufnahme und Trittfrequenz zu überreden. 100%ig durch-setzungsfähig war er aber leider nicht und so zogen sich die letzten 20km wie Gummi. Ich ersparte mir die Rechnung wie viel länger ich bei jedem geringeren km/h unterwegs sein würde. In Summe waren es schließlich 4:45 h, damit war ich nicht unzufrieden und von dem Preisgeld für den 4. Eliteplatz gab es abends als Belohnung eine herrliche Weltmeister-Pizza, wir waren ja schließlich in Italien ☺.
Das Events war spitze organisiert, super Flaschenservice an den Stationen, die Strecke perfekt beschildert und bergauf und bergab 100% fahrbar, wobei wie schon erwähnt die ein oder andere Traileinlage auf der ersten Rennhälfte noch ganz nett gewesen wäre.

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